„Es darf nicht sein, dass Österreich im internationalen Vergleich der öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen immer noch auf den hinteren Plätzen liegt“, erklärt Reinhard Heiserer, Geschäftsführer der österreichischen Hilfsorganisation Jugend Eine Welt. Um das zu ändern, schließt sich Heiserer dem an die österreichische Bundesregierung gerichteten dringenden Appell des entwicklungspolitischen Dachverbandes „Globale Verantwortung“ an: Die noch ausstehende künftige Strategie der Humanitären Hilfe Österreichs sowie das ebenfalls überfällige Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik (2022 - 2024) müssen jetzt endlich im Ministerrat beschlossen werden – samt einer tatsächlich substanziellen Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. So wie es im Regierungsprogramm vorgesehen ist.
Was die bilateralen Entwicklungshilfeleistungen (ODA) betrifft, ist Österreich vom international vereinbarten Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) zur Verfügung zu stellen, nach wie vor meilenweit entfernt. Nach vorläufigen OECD-Zahlen lag die ODA-Quote im Vorjahr bei 0,31 Prozent. Damit zählt Österreich im europäischen Vergleich zu den Schlusslichtern. Nachbar Deutschland lag etwa bei 0,74, die Schweden bei 0,92 und das kleine Luxemburg gar bei 0,99 Prozent. Gegenüber dem Jahr 2020 ist Österreichs ODA-Quote gerade einmal um 0,01 Prozent gestiegen. „Das entspricht wohl nicht der bereits im Regierungsprogramm angekündigten schrittweisen Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitärer Hilfe in Richtung 0,7 Prozent“, so Heiserer. Deutlich größere Erhöhungsschritte müssten nun im Strategiepapier und im Dreijahresprogramm festgelegt werden. Beide Dokumente sollten eigentlich schon seit Jahresbeginn 2022 als „beschlossene Sache“ vorliegen.
Die zur Bewältigung von Krisensituation – wie jetzt im Ukraine-Krieg oder zuvor in der Corona-Pandemie – etwa aus dem Auslandskatastrophenfonds zu Verfügung gestellten Mittel zur humanitären Nothilfe seien sehr zu begrüßen. „Nothilfe und humanitäre Hilfe sind wichtig, um Menschen rasch im Katastrophenfall zu helfen und dann etwa den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur zu ermöglichen“, so Heiserer. Über kurzfristig geschnürte Hilfspakete hinaus braucht es jedoch in weiterer Folge langfristige Entwicklungshilfeleistungen, um beispielsweise die sich teils gegenseitig verstärkenden Krisen – wie Krieg, Corona-Pandemie, Klima, steigende Armut – dauerhaft bewältigen zu können. Heiserer: „Nothilfe und langfristige Entwicklungszusammenarbeit müssen Hand in Hand gehen, um erfolgreich zu sein.“
Bessere Planbarkeit
Jugend Eine Welt setzt sich unter dem Leitgedanken „Bildung überwindet Armut“ seit seiner Gründung 1997 weltweit für benachteiligte Kinder und Jugendliche ein. Schulen, Berufsausbildungseinrichtungen, Sozialzentren und Straßenkinder-Programme in Asien, Afrika, Lateinamerika, dem Nahen Osten und Osteuropa werden etwa unterstützt. Wie auch Projekte zur Armutsbekämpfung und dem Empowerment benachteiligter Gruppen. Dabei wird vor allem mit langjährigen und bewährten ProjektpartnerInnen aus dem weltweiten Don-Bosco-Netzwerk zusammengearbeitet. Zudem leistet Jugend nach (Natur-)Katastrophen oder bei kriegerischen Konflikten humanitäre Nothilfe, wie nun im Ukraine-Krieg. Jugend Eine Welt gehört unter anderem zu jenen zehn bei der ADA (Austrian Development Agency) akkreditierten österreichische Hilfsorganisationen, die mit den öffentlichen Förderungen humanitäre Hilfe jeweils vor Ort tatsächlich umsetzen.
„Steigen die Finanzierungsmittel für dauerhafte entwicklungspolitische Maßnahmen kontinuierlich an, dann wäre das für die Planung vieler unserer Projekte und Programme sehr hilfreich, insbesondere auch was den planbaren Einsatz qualifizierter Fachkräfte bei uns und unseren Partnern betrifft“, weist Heiserer auf einen weiteren Aspekt hin, warum es höchst an der Zeit wäre, das seit vielen Jahren und von mehreren Regierungen bereits angekündigte stärkere finanzielle Engagement Österreichs in Sachen Entwicklungszusammenarbeit real werden zu lassen.
Fehlende Mittel für Bildung
„Mehr Mittel würden beispielsweise den weiteren Ausbau unserer bereits in Äthiopien und Uganda erfolgreich umgesetzten Solar-Programme ermöglichen“, erklärt Heiserer. In diesen beiden Ländern wurde etwa in Don Bosco-Ausbildungszentren Kurse für SolartechnikerInnen etabliert. Eine wichtige „Bildungsoffensive“, um den gerade in Hinblick auf die Klimakrise so wichtigen weltweiten Ausbau von Alternativenergien praktisch durchführen zu können. Heiserer: „Dieses Programm wäre auch für weitere Länder in Afrika gut geeignet, allein dafür brauchen wir neben der Unterstützung von privaten Förderern auch jene des Staates Österreich.“
Nicht vergessen dürfe man zudem, so Heiserer, die Ausgaben für entwicklungspolitische Bildungsarbeit und Globales Lernen in Österreich selbst zu steigern. Denn ganzheitliche Entwicklungszusammenarbeit hänge stark mit einer Bewusstseinsänderung hierzulande zusammen. Themen wie Fairer Handel, Lieferkettengesetz, nachhaltiger Ferntourismus, Nein zu Kinderarbeit und Arbeitskräfteausbeutung sind Anliegen, die es auch in Österreich weiterzuverfolgen gilt. Eine signifikante Mittelerhöhung würde hier einen wichtigen Beitrag zu einer gerechteren und nachhaltigeren EINEN Welt, in der wir alle leben, leisten. Heiserer: „Im Gegensatz zum Stillstand bei der Finanzierung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ist bei den SpenderInnen von Jugend Eine Welt die Bereitschaft, für solche Projekte zu spenden, sehr groß.“
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