183 Projekte in 53 Ländern betreut, durchgeführt oder neu gestartet. Das sind die nüchternen Zahlen, die im nunmehr veröffentlichten Jahresbericht für 2022 von Jugend Eine Welt zu lesen sind. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich eines der herausforderndsten Arbeitsjahre, die das Team der österreichischen Hilfsorganisation bewältigen musste. Kaum schien im Jahr des 25. Gründungsjubiläums von Jugend Eine Welt eine alte Krise namens Corona abzuebben, brach mit dem Ukrainekrieg schon die nächste aus.
„Wir haben alte wie neu hinzugekommene Herausforderungen ganz gut gemeistert“, bilanziert Jugend Eine Welt-Geschäftsführer Reinhard Heiserer. Neben der speziell durch den Ukrainekrieg weiter ansteigenden Humanitären Nothilfe, die es „zu stemmen“ galt, sei es laut Heiserer gelungen, die zentrale Jugend Eine Welt-Agenda – nämlich unter dem Leitgedanken „Bildung überwindet Armut“ das Leben junger benachteiligter Menschen weltweit zu verbessern – nicht nur aufrecht, sondern um das eine und andere Projekt zu erweitern.
Insgesamt wurde 2022 ein (rekordverdächtiges) Gesamtspendenvolumen von 10,7 Mio. Euro aufgewendet. Fast 83 Prozent dieser Summe floss direkt in Auslandsprojekte (Bildung, Ausbildung, Soziale und Humanitäre Hilfe) und in die entwicklungspolitische Bildungs-, Anwaltschaft und Informationsarbeit. Mit 4 Prozent konnten die Verwaltungskosten im Vergleich zu den Vorjahren gering gehalten werden.
Große Spendenbereitschaft
„Tun, was möglich ist – nach diesem von unserem Patron Don Bosco stammenden Ausspruch haben wir auf die neue Katastrophe Ukrainekrieg reagiert“, erklärt Heiserer. Schon einen Tag nach Kriegsausbruch am 24. Februar hat Jugend Eine Welt den ersten Spendenaufruf zur Hilfe für die Menschen in der Ukraine sowie die abertausenden aus dem Land Flüchtenden gestartet: „In den folgenden Wochen und Monaten war die Spendenbereitschaft der ÖsterreicherInnen schier unglaublich, darunter auch namhafte heimische Unternehmen, die uns teils hohe sechsstellige Beträge zur Verfügung gestellt haben.“
Mit diesen Mitteln – erhöht noch durch Förderungen der öffentlichen Hand sowie von Stiftungen – war es möglich, gemeinsam mit den PartnerInnen aus dem weitgespannten Netzwerk von Jugend Eine Welt – wie etwa den Salesianern Don Boscos (SDB) und den Don Bosco Schwestern (FMA) in der Ukraine, Moldau, Rumänien, Slowakei und Polen – zunächst die effiziente Versorgung von Flüchtlingen mit dem Allernötigsten zu organisieren. Mit Hilfe eines Nothilfekoordinators vor Ort und dem mit Jahresende eingerichteten fixen Koordinationsbüro in Moldaus Hauptstadt Chișinău wandelte sich die Akuthilfe hin zu einer längerfristigen und noch umfangreicheren Unterstützung für die geflüchteten Menschen wie auch für jene, die in der Ukraine geblieben sind.
Mit regelmäßigen LKW-Transporten wurden etwa wichtige Hilfsgüter wie Medikamente, medizinische Produkte, Lebensmittel bis hin zu Stromgeneratoren geliefert. Sogar bis in die ukrainische Hafenstadt Odessa, wo vor allem ein Kinderspital mit (über-)lebensnotwendigen Produkten versorgt wurde – und weiterhin wird. Jugend Eine Welt hat nach einem Jahr Krieg mit Hilfe vieler SpenderInnen, Stiftungen, Unternehmen und öffentlichen Fördergebern knapp über 2 Millionen Euro an seine engagierten PartnerInnen ausbezahlt. Die Unterstützung der vom Krieg betroffenen Menschen läuft – solange die Spendenbereitschaft in Österreich anhält – auch im laufenden Jahr weiter. Gerade der bevorstehende Winter ist für die Menschen in den Kriegsgebieten eine enorme Herausforderung.
„Wir haben jedoch nicht auf andere Krisenregionen vergessen“, sagt Heiserer. Lebenswichtige Nothilfe wurde beispielsweise für die Menschen in Syrien, dem Sudan, im Libanon, in Uganda, Haiti, Venezuela und in der Bürgerkriegesregion Tigray in Äthiopien geleistet. In letztere konnte nach Monaten der Blockade ab dem Sommer 22 endlich wieder LKWs voll mit dringend benötigten Hilfsgütern zur notleidenden Bevölkerung vordringen. Jüngst startete in Tigray nach drei Jahren Unterbrechung wieder der Schulunterricht.
Entwicklungszusammenarbeit
In der „klassischen“ Entwicklungszusammenarbeit konnte etwa ein wichtiger Teil des von Jugend Eine Welt mit dem Verein Freunde Anna Dengel unterstützten Bauprojektes „Family Clinic“der Missionsärztlichen Schwestern in Kulmasa, einer der ärmsten Regionen im Norden Ghanas, umgesetzt werden. Im medizinisch völlig unterversorgten Gebiet tourt nun ein mobiles Team regelmäßig durch die Dörfer und bietet der Bevölkerung ambulante Behandlungen, Vorsorgeuntersuchungen, Aufklärung sowie Ernährungsberatung für Schwangere und kleine Kinder. In Lagos, der größten Stadt Nigerias, fiel 2022 mit Hilfe von Jugend Eine Welt der Startschuss zur Errichtung eines neuen Kinderschutzzentrums der Salesianer Don Boscos, das sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen die Chance auf Bildung gibt.
In der großen Flüchtlingssiedlung Palabek im Norden Ugandas konnte Jugend Eine Welt erneut Flüchtlingen aus dem Süd-Sudan unter die Arme greifen: Schwerpunkte sind dabei die Einrichtung eines Kindergartens, der besonderes Augenmerk auf eine angemessene Betreuung von Kindern mit Behinderungen legt, sowie die Erweiterung des von den Projektpartnern (den Salesianern Don Bosco) in Palabek betriebene berufliche Ausbildungszentrum um das seit 2016 in mehreren afrikanischen Ländern bereits laufende und von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit unterstützte Ausbildungsprogramm für SolartechnikerInnen.
Freiwillige
Nach dem erzwungenen „Einbruch“ während der Corona-Pandemie wurde 2022 wieder ein deutlicher Zuwachs an InteressentInnen für Volontariatseinsätze bei „Volontariat bewegt“ – der von Jugend Eine Welt gemeinsam mit den Salesianern getragenen Entsendeorganisation – verzeichnet. Ein „Mehr“ an Einsätzen gab es ebenso bei den Senior Experts. Besondere Bedeutung kam im Vorjahr dem „Weltwegweiser“, der von Jugend Eine Welt getragenen Servicestelle für internationale Freiwilligeneinsätze, zu: dieser vernetzt viele Entsendeorganisationen miteinander und ist insbesondere in Krisenzeiten eine wichtige Drehscheibe für die Weiterentwicklung qualitativer Freiwilligeneinsätze im Globalen Süden.
In Österreich gab es einen engagierten Einsatz „für eine gerechtere Welt“ – durch die tatkräftige Beteiligung an Kampagnen wie „Kinderarbeit stoppen“ und einem starken Lieferkettengesetz, der Mitträgerschaft an der entwicklungspolitischen Informations- und Bildungsstelle BAOBAB oder der Förderung des fairen Handels als Mitträger des Vereines FAIRTRADE Österreich. Heiserer: „Vielen globalen Herausforderungen wie Armutsbekämpfung, Migrationskrisen, Klimawandel können wir nur gemeinsam und im Schulterschluss mit befreundeten und gleichgesinnten Organisationen sowie engagierten Personen begegnen, um Lösungen dafür zu finden.“
Dank an Spenderinnen und Spender
„Ich bin dankbar, seit nun 26 Jahren in dieser Organisation tätig zu sein“, meint Reinhard Heiserer. Beim runden Geburtstagsfest – moderiert von der ehrenamtlichen Jugend Eine Welt-Botschafterin Chris Lohner –das Ende Juni 2022 anlässlich des 25. Gründungsjubiläums von Jugend Eine Welt in Wien stattgefunden hat, gab es von langjährigen ProjektpartnerInnen viele Lobes- und Dankesworte für die geleistete Arbeit. Die dabei vom Geschäftsführer an das Publikum gerichteten Worte haben im jetzt begonnenen 27. Jugend Eine Welt-Jahr weiter Geltung: „Es braucht viele engagierte Menschen, die sich weltweit für die Rechte von Kindern und Jugendlichen einsetzen, sie aus Risikosituationen befreien und ihnen die Chance auf schulische Bildung und berufliche Ausbildung geben.“
Im Namen von Jugend Eine Welt dankt Heiserer „allen Spenderinnen und Spendern, die mit ihren Beiträgen das Rückgrat unserer Organisation bilden.“ Ebenso Stiftungen, Unternehmen und Ministerien für „ihr Vertrauen in unsere Arbeit und unsere weltweiten, tragfähigen Netzwerke“. Ein Dankeschön gebührt auch allen VolontärInnen und freiwilligen MitarbeiterInnen sowie „all unseren Dachverbänden und Plattformen, die sich mit uns in Österreich dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches Handeln besser werden.“ Und besondere Hochachtung gelte tagtäglich „der Arbeit unserer ProjektpartnerInnen, die oft unter schwierigsten Bedingungen Außergewöhnliches leisten. Sie sind es, die unsere Hilfe aus Österreich für die Menschen vor Ort sichtbar machen – mit motivierenden Worten, Gesten und vor allem zupackenden Händen, die die Menschen spüren lassen, dass wir alle in EINER Welt leben, für die wir gemeinsam verantwortlich sind.“
Als Vorbild für jegliches Handeln führt Heiserer einen weiteren „Don Bosco-Sager“ an: „Für die Jugend gehe ich bis an die Grenzen der Verwegenheit.“ Verbunden mit dem Appell an alle: „Lassen Sie sich bitte nicht durch die vielen multiplen Krisen entmutigen und helfen sie uns weiter dabei, Kinder und Jugendliche in Risikosituationen zu fördern und zu begleiten.“
Der Jahresbericht 2022 (inklusive Bilanz- und Finanzbericht) steht als Download bereit unter:www.jugendeinewelt.at/jahresberichte
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